Asus möchte mit der ROG Azoth die goldene Mitte zwischen zwei eigentlich gegensätzlichen Ansätzen treffen und spendiert seiner neuesten Gaming-Tastatur einige Eigenschaften, die sich sonst eher in selbst gebauten Tastaturen finden lassen. Ob bei einer Gaming-Tastatur trotz vorgeschmierter und austauschbarer Schalter noch von einem „Custom”-Modell die Rede sein kann, wenn man sie einfach vollständig zusammengebaut aus der Verpackung nehmen kann, sei einmal dahingestellt.
Schließlich würde damit fast jede zweite Gaming-Tastatur, deren Tastenschalter beim Kauf gewählt werden können, in den prestigeträchtigen Stand einer Custom-Tastatur erhoben. Bei Custom Mechanical Keyboards handelt es sich um von Grund auf selbst zusammengestellte Tastaturen, deren Qualität und vor allem Tippgefühl höchsten Ansprüchen genügen. Hohe Ansprüche stellt allerdings auch die Custom-Community, denn wie die meisten Hobbies nimmt auch die Jagd nach dem perfekten Tastenklappern schnell semi-religiöse Züge an. Entsprechend skeptisch reagiert besagte Community auf die Ankündigung einer „Gaming-Custom-Tastatur“ vom Markenhersteller, dessen bisherige Produktpalette eher Otto-Normal-Gamer anspricht.
Ein Blick auf die Preise in gängigen Bezugsquellen für Custom-Keyboards dürfte erklären, welche Motivation hinter Asus neu entdeckter Liebe für diese Zielgruppe stecken könnte – mit Preisen zwischen 200 und 400 Euro sind solche DYI-Modelle trotz schlichter Ästhetik in der Regel deutlich teurer als die durchschnittliche Marken-Tastatur. Denn bis auf ein schwarzweißes OLED-Display, das in ähnlicher Form zur aktuellen Designsprache von Asus ROG gehört, ist die Tastatur optisch überaus simpel gehalten.
Leider kommt bei der unteren Hälfte lediglich Kunststoff zum Einsatz, was laut Asus durch die kabellose Signalübertragung bedingt ist. Ob für das bessere Signal wirklich gleich die ganze Unterseite aus Kunststoff bestehen muss, können wir nicht beurteilen, schade ist es allemal. Hierzu tragen auch die mehrfarbigen, rauen PBT Doubleshot-Tastenkappen ihren Teil bei, obwohl deren Unterseite etwas sauberer verarbeitet sein könnte. Das kleine, aber ausreichend helle OLED-Display ist ebenfalls geschmackvoll umgesetzt und nimmt keine allzu dominante Position ein, wie beispielsweise das „AniMe Matrix Display“ der ROG Strix Flare II Animate.
Ein weiteres Merkmal neben dem OLED-Display, das die Asus ROG Azoth von den meisten Custom-Keyboards unterscheidet, ist ihre kabellose Funktionalität. Diese sind zwar in Schwarz-Weiß gehalten, die Auflösung bietet jedoch deutlich vielfältigere Möglichkeiten als die grob-pixeligen Matrix-Anzeigen von Asus. Kommen wir nun zum Elefanten im Raum: Mit knapp 300 Euro UVP ist die ROG Azoth die teuerste Tastatur, die wir bisher im Test hatten.
Die Schalter sind in den Varianten Rot, Braun und Blau mit den entsprechend linearen, taktilen und clicky Schaltercharakteristiken erhältlich und erzeugen beim Tastenanschlag ein helles Klicken.
Das liegt unter anderem an den vorgeschmierten Schaltern, Silikondichtungen und einer dreilagigen Dämpfung im Gehäuseinneren: Ein Silikonpolster auf der Platine sowie Schaumstoff und zusätzlicher Silikonschaum dämpfen die meisten Störgeräusche und Echos ab. Wer nachträglich etwas nachbessern, oder eigene Schalter verwenden möchte, findet im Lieferumfang außerdem einen sehr umfangreichen Werkzeugsatz zum leichten Austauschen und Schmieren von Tastenkappen und -schaltern.
Als solcher Hybrid zielt die Azoth jedoch nicht allein auf die Bastler-Community ab – auch wenn der enorme Preis darauf schließen ließe – schließlich nimmt Asus ihnen den Spaß am eigenen Zusammensetzen, Löten und Schmieren vorweg. Genau hier bietet die Azoth jedoch einen großen Reiz für den durchschnittlichen Nutzer: Denn als vorgefertigte, durch das mitgelieferte Lube-Set aber einfach anpassbare Gaming-Tastatur ist das Modell von Asus eine gute, durch den sehr hohen Preis aber noch nicht perfekte Einstiegsmöglichkeit in die Welt der selbstgebauten Custom Keyboards.
günstigere Barebone-Version ohne Tastenschalter und -kappen für Hobby-Tastaturbastler, deren Ansprüchen die Asus ROG Azoth in ihrer jetzigen Form womöglich noch nicht gerecht wird.
Robin Cromberg ... studiert Asienwissenschaften und Chinesisch an der Universität Bonn und ist als Redakteur hauptsächlich für die Ressorts Notebooks, Monitore und Audiogeräte bei Allround-PC.com zuständig, schreibt aber auch über Produktneuheiten aus vielen anderen Bereichen.
