Michaela Keune hat hier nicht nur ihre Trachtenschneidereik eingerichtet, sondern auch ein Zuhause gefunden. Pullach – Michaela Keune sitzt in ihrem Garten, auf der Steinterrasse, überall stehen Tontöpfe mit Blumen. Sie kuschelt sich in ihr kaffeebraunes Strick-Cape, sie sagt: „Dies ist mein Lebensmittelpunkt, hier lebe und arbeite ich.“ Man kann nicht sagen, dass ganz Pullach glücklich darüber ist. Michaela Keune und das Haus in der Habenschadenstraße, in dem sie wohnt: eine Geschichte, die im Ort ziemlich Wirbel verursacht hat in den letzten Wochen.
Zum anderen hat die Gemeinde es vor inzwischen drei Jahren gekauft, um es für öffentliche Zwecke nutzen zu können, stieß dann aber an Grenzen, die mit Michaela Keune und mit dem Denkmalschutz zu tun hatten – und ist nun dabei, es wieder loszuschlagen. Was wiederum das örtliche Geschichtsforum und die Agenda 21, die finden, dieses „kulturelle Erbe“ dürfe nicht dem Markt zum Fraß vorgeworfen werden, auf die Barrikaden brachte.
„Ich habe gedacht: Wo soll ich denn hin?“ Die Eltern nahmen daraufhin einen Anwalt – und die Klage wurde zurückgewiesen. Michaela Keune ist Mitte 40, alleinerziehende Mutter einer Tochter im Grundschulalter, sie führt ein sehr gut laufendes Atelier für besondere Trachten in dem alten Haus.
2000 Euro aufwärts kostet bei ihr ein Dirndl, das immer aus zwei Teilen besteht – was Keune überhaupt gut findet an der Tracht.
Gelernt hat Keune auf der renommierten Modeschule Esmod in München und Paris, sie kam dann als Kostümbildnerin zum Fernsehen, was ihr aber nur halbgut gefiel („man muss sehr hart gesotten sein, um das durchzuhalten“). Mit Dirndln fing sie nebenher an, sie ging auf Messen mit ihren Kreationen, die bunt sind und fröhlich, die Loden und Leinen, Brokat und Seide zusammenbringen, die höfisch und bäuerlich zugleich wirken, fiel sie schnell auf. Sie wusste, sie sollte nun dringend Werkstatt und Wohnung unter einem Dach zusammenfügen, sonst würde sie sich „darennen“ als alleinerziehende Mutter.
Einen Mietvertrag unterschrieb sie nie, per Handschlag machte sie mit Hans Huther, der damals noch lebte, alles klar. Am 14. April hat der Gemeinderat nichtöffentlich darüber verhandelt, an wen nun das Haus gehen soll – für 2,6 Millionen Euro. Etwas unvermittelt sagt sie: „Die Welt geht in eine gute Richtung, auch wenn noch Chaos ist.“ Vielleicht, denkt man, trifft das ja auch auf ihre Situation zu.


